Potentially Hazardous Asteroid 2004 XP14

Near Earth flyby 03 July 2006

Der etwa 600 Meter große Asteroid 2004 XP14 hat am 03. Juli 2006 die Erde in relativ geringer Distanz passiert. Die geringste Erdentfernung betrug dabei um 04h26 UT (=06h26 MESZ) nur mehr etwa 433.000 Kilometer. Das gilt in der Astronomie schon als ein sehr kleiner Abstand. Die Relativgeschwindigkeit zur Erde betrug dabei fast 63.000 Kilometer pro Stunde.

Dieser Asteroid ist momentan als Potentially Hazardous Asteroid (PHA) eingestuft. Das bedeutet, dass es in ferner Zukunft theoretisch zu einem Einschlag auf der Erde kommen könnte. Ein Einschlag dieses Objektes würde vermutlich eine globale Katastrophe auslösen. Allerdings wird dieser Asteroid der Erde im gesamten 21. Jahrhundert nicht mehr so nahe kommen wie am 03. Juli 2006.

Die Beobachtung
Für Mitteleuropa war die Nacht vom 03. auf den 04. Juli 2006 die beste Gelegenheit diesen Asteroiden beim Vorbeiflug zu beobachten oder davon Aufnahmen durchzuführen. Am
Minor Planet Ephemeris Service habe ich mir daher am 03. Juli 2006 noch einmal aktuelle Ephemeriden für dieses Objekt berechnen lassen. Dabei muss man bei einem so nahen Bahnverlauf darauf achten, dass man die eigenen Standortkoordinaten verwendet und nicht mit geozentrischer Position arbeitet. Der Parallaxenfehler würde ansonst eine Auffindung des Objektes unmöglich machen. Selbst kleinste Ungenauigkeiten summieren sich bei dieser relativ geringen Objektdistanz und der hohen Relativgeschwindigkeit zu großen Fehlern in Zeit und Position. Damit war schon im Rahmen der Vorbereitung für etwas Spannung gesorgt, ob die gelieferten Ephemeriden zu einem Beobachtungserfolg führen können.

Die Ephemeriden von 2004 XP14 für meinen Standort Nonndorf
Latitude: N 48 47 13.3 (WGS84)
Longitude: E 15 14 08.3 (WGS84)
Altitude: 546m (MSL)

Mit Hilfe dieser Ephemeriden wurden dann mit der Astronomie Software Guide8 insgesamt 16 Karten mit dem genauen Bahnverlauf vom Objekt 2004 XP14 zusammengestellt und ausgedruckt. Derartig vorbereitet ging es dann in der Abenddämmerung an den Aufbau der Ausrüstung im Hof zwischen Wohnhaus und Garage.

Die fertig aufgebaute Ausrüstung im Hof

Verwendete Ausrüstung
Parallaktische Montierung EQ6 mit Motorantrieb, 10-Zoll Newton 1200/254mm mit Winkelsucher und Taukappe, Okularauszug NGF-DX1 von JMI mit Motorantrieb, Atik Filterrad, Baader ClickLock Okularklemme mit T-2 System, Pentax XW Okulare, Videokamera WAT-120N, Xpert V-Stream Videograbber USB2.0, Notebook. Um die Videoaufnahmen mit hochgenauer UT Zeitinformation zu versehen wurde auch mein KIWI-OSD mit GPS Zeiteinblendung verwendet.

Die Beobachtung
Nachdem die Montierung ausgerichtet, der Aufbau beendet und alles einsatzbereit war, begann ohne GOTO das manuelle und visuelle Herantasten an den berechneten Treffpunkt am Himmel. Das Treffen mit dem Asteroiden war für exakt 21:00:00 UT (=23:00:00 MESZ) vorgesehen. Etwa 15 Minuten vor diesem Zeitpunkt hatte ich die Stelle eindeutig identifiziert und die Nachführung hielt ab nun diesen Himmelsbereich im Zentrum des Kamerabildfeldes. Nun brauchte der Asteroid nur mehr in das Bildfeld laufen. Das Bildfeld der WAT-120N hat bei 1200mm Brennweite eine Größe von 1112 x 830 Bogensekunden. Als Integrationseinstellung für die Belichtungszeit der Einzelbilder wurden 1.28 Sekunden (=32x Frames) verwendet. Diese Einstellung reichte für die Darstellung von Sternen bis zu einer Helligkeit von etwa +15mag. Damit sollte auch der Asteroid mit seiner vorausberechneten Helligkeit von +12mag problemlos erkennbar sein.

Schon um etwa 20:58 UT hatte sich am Notebookbildschirm ein relativ heller Punkt durch seine rasche Bewegung von einem Pixel pro Sekunde als der gesuchte Asteroid 2004 XP14 verraten. Auch der Bahnverlauf stimmte genau mit meinen vorbereiteten Karten überein. Dass ein derart rasches Auffinden möglich sein würde hatte ich eigentlich nicht erwartet. Die berechneten Ephemeriden stimmten also zumindest im Bogensekundenbereich tatsächlich ganz genau mit der Realität überein. Ab nun beobachtete ich fast zwei Stunden lang fasziniert diesen schnell durch den Sternenhimmel wandernden kleinen Punkt, der hier am Notebookschirm so unscheinbar aussah und doch vielleicht in einigen tausenden Jahren, wenn auch mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit, zu einer bedeutenden Gefahr für einen Teil der Menschheit werden könnte.

Aufnahmen
In der unten folgenden Tabelle können 14 Aufnahmeabschnitte als einzelne Dateien in brauchbarer Größe abgerufen werden. In den jeweiligen Start UT JPG-Bildern (720 x 576 Pixel) wurden immer zwei Sterne und der Asteroid gekennzeichnet um die Bestimmung der exakten Asteroidenposition auch in den Videos zu ermöglichen. Die Videos wurden so zusammengestellt, dass sie mit etwa 25-facher Geschwindigkeit abgespielt werden. Hotpixel in den Videos erkennt man am gelegentlichen Auftauchen an immer der selben starren Position im CCD-Bild. Die erzielte Grenzgröße liegt je nach Spektraltyp der Sterne zwischen +14.5mag und +15.5mag.

Aufnahmeparameter
Newton: 1200/254mm Primärfokus
Filter: MC-Klarglasfilter von Astronomik
Kamera: WAT-120N (Pixel 8.6 x 8.3um, 1.48" x 1.43", FOV 1112" x 830")
Integrationszeit: 1280ms (32x Framezeit)
Sampleintervall: 1000ms (BMP - Giotto 2.05)
Belichtung-Start: OSD Zeit minus (1280ms bis 2280ms)
Belichtung-Ende: OSD Zeit minus (0ms bis 1000ms)

PHA 2004 XP14 Near Earth flyby 03 July 2006
AufnahmeStart UTEnde UTDauerVideo MPEG-4Start UT JPG-Bild
121:02:2521:03:4400:01:19495 kB63 kB
221:09:3621:14:0300:04:27997 kB63 kB
321:17:0221:19:3000:02:28688 kB63 kB
421:20:3821:22:3400:01:56592 kB63 kB
521:22:5821:27:5500:04:571072 kB63 kB
621:28:2021:37:2300:09:031701 kB63 kB
721:37:4421:46:1400:08:301603 kB63 kB
821:46:3421:53:3700:07:031378 kB63 kB
921:53:5222:04:0500:10:131864 kB63 kB
1022:04:2522:12:2400:07:591528 kB63 kB
1122:12:3822:21:1700:08:391624 kB63 kB
1222:21:2722:32:4500:11:182023 kB63 kB
1322:33:0422:40:5100:07:471493 kB63 kB
1422:40:5922:45:1000:04:11953 kB63 kB

Insgesamt kann dieser Beobachtungsabend mit astronomischen Seltenheitswert als gelungen betrachtet werden. Obwohl sich das Objekt zur Beobachtungszeit schon wieder auf über eine Million Kilometer von der Erde entfernt hatte war die Erfassung mit der WAT-120N Videokamera problemlos möglich. Deutlich war auch die Verlangsamung der scheinbaren Objektbewegung gegen Ende der Beobachtungszeit zu erkennen.

© 2006 G. Dangl
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06. Juli 2006
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